Na, seid ihr schon im Nano-Fieber? Und wenn ja, schon fleißig bei den Vorbereitungen? Oder springt ihr ins eiskalte Plot-und-Planlos-Wasser?

Doch was ist das, Nano?

Die Experten unter euch können diesen Absatz einfach überblättern. Für alle, die noch nichts davon gehört haben, einmal zusammengefasst. Mehr Infos findest du unter nanowrimo.org.

Nano ist kurz für NaNoWriMo. Und bevor ihr jetzt „Hä?“ sagt, das wiederum ist kurz für „National Novel Writing Month“.

Meine Tipps zum NaNoWriMo. Wie kommst du gut durch den Nano?

„National“ ist daran schon lange nichts mehr, denn es ist eine Art Wettbewerb mit dir selbst, bei dem es darum geht, im November 50.000 Wörter zu schreiben. Ob das ein Roman ist? Hm, Ansichtssache. Aber es ist viel. Es sind 1.667 Wörter pro Tag.

Allerdings ist man ja nicht alleine. Laut ihrer Homepage haben 378.264  Teilnehmer*innen im letzten Jahr mitgemacht, von denen 51.670 Gewinner waren. Zu den bekanntesten Romanen, die (teilweise) im Nano geschrieben wurden, gehören Erin Morgensterns „Der Morgenzirkus“ und Lemony Snickets „Rätselhafte Ereignisse“.

Warum Nano?

Motivation

Wenn du dich jetzt fragst, warum um alles in  der Welt du das machen solltest, kann ich dir nur aus Erfahrung sagen: Es gibt dir einen unglaublichen Boost. In deiner Motivation zu schreiben, in deinem Selbstwertgefühl, aber auch in deinen schriftstellerischen Fähigkeiten.

Ich kann dir nicht mehr sagen, woher ich das habe, ich glaube, aus einem der vielen Schreibratgeber, die ich aus meiner Unibibliothek geliehen und gelesen habe. Aber ich habe gelesen, dass ein*e Autor*in sich alle 100.000 geschrieben Wörter sprunghaft verbessert. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Wer es gesagt hat, auch nicht. Aber irgendwie hilft es mir, wenn ich wieder einmal denke, dass ich schlecht bin, dann überlege ich, wie viele hunderttausende Wörter ich schon geschrieben habe. Und 50.000 sind auf jeden Fall die Hälfte auf dem Weg zum nächsten Zwischenziel. Vielleicht warst du ja auch vorher schon bei 53.289 und überspringst mit dem Nano die nächste Hürde?

Schlecht schreiben um besser zu schreiben

Weiterhin lernst du eine wichtige Fähigkeit: schlecht schreiben. Richtig gelesen. Im Nano hast du keine Zeit, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Und das musst du auch nicht, zu keinem Zeitpunkt. Nichts, was du schreibst, geht sofort in Druck oder wird direkt zu einem E-Book. Trotzdem denken wir oft so, als wäre das der Fall. Dabei nehmen wir der Geschichte und unseren Fähigkeiten den Raum, sich zu entfalten und zu entwickeln. Daher ist es wichtig, deine Arbeit bewusst in mehrere Schritte zu unterteilen. Das Erschaffen, das Überarbeiten und die dazugehörigen tausend Unterschritte. Deshalb ist das Versprechen des Nano auch eigentlich falsch. Du schreibst keinen Roman in dreißig Tagen, sondern den Erstentwurf eines Romans. Aber daraus kann etwas Tolles werden!

Dein Innerer Kritiker fährt im November in den Urlaub, in die Karibik, an den Nordpol, Hauptsache weit weg. Du lernst, ihn (oder sie etc.) an und abzuschalten und aktiv für dich zu nutzen, wenn du ihn brauchst, nämlich in der Überarbeitung. Plötzlich wird die Nervensäge doch noch nützlich!

Dein Autoren-Selbst kennen lernen

Die wenigsten Autor*innen arbeiten das Jahr über wie im Nano und ballern übers Jahr 600.000 Wörter raus. Im Gegenteil. Oft sind die Vorsätze am Jahresanfang groß, aber spätestens im Sommer übernimmt oft das Leben und deshalb gibt der Nano im Herbst noch einmal eine dicke Motivationsspritze, inspiriert dazu, wieder täglich zu arbeiten (wenn auch in schaffbaren Happen).

Denn nicht zuletzt zeigt dir der Nano, was du kannst. Was du erreichen kannst, wenn du alles gibst, aber er vermittelt dir auch ein gutes Bild davon, was für dich realistisch ist. Wie viel Zeit du dir für das Schreiben nehmen kannst. Wie viele Wörter du am Tag schaffen kannst, wenn du nicht an dein Limit gehst. Und deshalb sind viele meiner Tipps für das ganzjährige Schreiben ähnlich wie die, die ich für den Nano gebe. Für das regelmäßige und zielgerichtete Schreiben, das dich hoffentlich auch zu deinem Ziel führt: deinem fertigen, überarbeiteten Roman und darüber hinaus.

Meine Nano-Statistik

Weil ihr das sicher wissen wollt: Ich habe insgesamt schon neun Mal mitgemacht (und einmal beim Camp Nano), das erste Mal war 2010. Davon konnte ich fünf Mal den Sieg einfahren. Und fast alle Nano-Geschichten haben einen besonderen Platz in meinem Herzen. Man wird in diesem einen Monat sehr eng mit ihnen.

Offizielle Regeln

Eigentlich darf man für den Nano nicht plotten. Laut Regeln soll man am 1.11. mit einem frischen Dokument anfangen und völlig planlos schreiben. Man darf auch nicht mit einem bereits angefangenen Projekt teilnehmen. Andernfalls gilt man als Rebell – und darf dennoch mitmachen. Denn im Endeffekt ist der Nano ein Wettkampf gegen dich selbst. Du kannst am Ende deine Wortzahl validieren und erhältst ein paar Goodies (Grafiken und eine Urkunde, die dich als Sieger ausweisen, kleinere Gutscheine) und stehst damit auch offiziell auf der Nano-Seite als Gewinner da. Du kannst das auch durch mogeln erreichen (damit meine ich nicht, dass man einen Plot hat, sondern einfach einen anderen Text validiert), aber davon hat man nichts. Der Nano ist für dich. Eine Raketenzündung für deine Schreibroutinen und deine Motivation. Deshalb bestimmst du am Ende auch deine Regeln.

Mittlerweile ist Plotting auch erlaubt, es darf nur kein vor dem 1.11. geschriebener Text im Roman verwendet werden. Hier findest du auch noch einmal die offiziellen Regeln.

Doch was muss man tun, um zu gewinnen?

Na, die Antwort ist doch einfach: schreiben. Oder?

Es ist nicht leicht. Das sieht man an der allgemeinen Statistik, aber auch an meiner persönlichen. Manchmal kommt der Alltag dazwischen. Oder die geistige und körperliche Gesundheit. Manchmal hat man sich übernommen. 50.000 Wörter sind nicht für jede Person und für jede Lebenslage geeignet. Probieren kannst du es jedoch immer.

Und: gib nicht auf! Einmal habe ich meinen kompletten Romananfang verloren mit über 35.000 Wörtern. Weil das Programm abgestürzt ist und die Datei mit sich genommen hat. Ich habe diesen Nano dennoch gewonnen (Ja, die verlorenen Wörter habe ich weiter gezählt, denn geschrieben hatte ich sie, obwohl ich sie nicht validieren konnte, aber da verwende ich eh immer einen Lorem-ipsum-Text). Ich habe die Geschichte weitergeschrieben, und gleichzeitig den Anfang neu geschrieben (zum Anfang des nächsten Jahres hatte ich den verlorenen Anfang zurück!) und auch den Roman nach dem Nano beendet.

Also mein wichtigster Tipp abgesehen von nicht aufgeben: Sichert eure Daten. Jetzt!

Macht bitte im Nano jeden Tag Backups. Nach jeder Schreibsession. Am besten macht ihr verschiedene Backups auf unterschiedlichen Speichermedien (USB-Stick, E-Mail, Cloudspeicher), sodass ihr drei Sicherungen habt. Und auch im Schreiballtag regelmäßig Backups erstellen. So etwas passiert immer dann, wenn man nicht damit rechnet.

Nano-Enthusiasten

Lass dich nicht beirren. Beim Nano (wie überall) gibt es … nennen wir sie Enthusiasten. Es gibt Personen, deren Ziel es ist, am 1.11. nichts anderes zu tun, als 50.000 Wörter zu schreiben. Auch die Begriffe Doppel-Nano und Dreifach-Nano sind schon gefallen. Diese Personen haben dementsprechend mehrere Accounts auf der Nano-Seite und legen zwei oder mehr Romane an, die sie dann gleichzeitig oder nacheinander schreiben. Oder sie schreiben stattdessen 100.000 oder 150.00 Wörter an einem einzigen Roman. Das ist sehr bewundernswert, muss dich aber nicht von deinem persönlichen Ziel ablenken. Wenn ich etwas vom Yoga gelernt habe, dann: „Jede*r bleibt auf seiner eigenen Matte!“ Das heißt, dass du schauen musst, was für dich funktioniert, für dein Schreibtempo, für die Umstände, die dein Leben derzeit bestimmen, für deine Vorlieben. Gerade als Anfänger*in solltest du erst einmal schauen, was du selbst kannst, bevor du schaust, was andere tun!

Mini-Nano

1.667 Wörter am Tag sind eine Menge. Es gibt Tage, da wird es dir schwer fallen, sie überhaupt zu schaffen. Vielleicht magst du mitmachen, aber mit einem kleineren Ziel? Offiziell darf man sich im November nur für 50.000 Wörter eintragen, während es im April und Juli mit dem Camp Nanowrimo auch möglich ist, individuelle Ziele zu setzen. Du kannst dies aber auch im November tun und mit deinen Freunden deine Ziele teilen und feiern. Wenn auch nicht mit der offiziellen Statistik, kannst du sie auch in einem Tabellendokument festhalten und sichtbar machen. Darüber hinaus kannst du dir natürlich auch – unabhängig von deinem Schreibziel – eine Belohnung aussuchen. Ich habe mir einmal ein Schriftsteller-T-Shirt gegönnt. Es gibt auch einen offiziellen Nano-Shop, aber neben den Preisen musst du beachten, dass diese Dinge aus den USA versendet werden und du oft noch mit Zollgebühren, eventueller Abholung vom Zoll (Fahrtkosten) usw. rechnen musst.

Sprich darüber!

Ich habe vom Nano in einem Schreibforum gehört, das es heute nicht mehr gibt. Viele bieten gemeinsame Aktionen an. Such dir auf der offiziellen Nano-Seite, in Schreibforen oder in deiner Schreibgruppe, unter deinen Schreibfreunden oder auch auf Instagram eine Schreib-Community. Ich glaube, auf mich allein gestellt hätte ich keinen einzigen Nano gewonnen.

Am besten sprichst du jetzt schon über den Nano – natürlich auch mit nicht-Autor*innen, besonders aus deinem Umfeld, die damit leben müssen, dass du für eine gewisse Zeit in deine Schreibwelt abtauchst. Dann bekommst du hoffentlich auch Unterstützung und Motivation von außen.

Gute Planung

Meinen ersten Nano habe ich ohne Plot geschrieben, nur mit einer Idee für die erste Szene und den ersten Wendepunkt. Ich habe diesen Nano auch gewonnen, aber die Geschichte ist … wirr. Das Ende würde Leser*innen vermutlich überraschen. Ich mag die Geschichte trotzdem.

Aber ich würde keinen Nano mehr ohne Plotting schreiben. Wenn ich schnell schreiben will, brauche ich ein Gerüst, an dem ich mich entlang arbeiten kann. Je besser dieses Gerüst ist, desto schneller kann ich schreiben. Entscheidungen lähmen mich oft, besonders wenn ich unter Zeitdruck stehe. Daran sind auch einige meiner Nano-Versuche gescheitert. Trotz meiner guten Vorsätze gab es Lücken im Plot. Den Nano-Roman mit dem Datenverlust konnte ich übrigens auch dank meiner Notizen wieder neu schreiben, auch wenn einige Szenen schmerzlich fehlten und es immer werden.

Wenn du allein nicht weiterkommst, helfen dir hoffentlich deine Schreibfreunde oder google mal nach „Preptober“.  Wenn du es ohne Plot probieren möchtest, hat der Gründer des Nano, Chris Baty, ein Buch herausgebracht. Es heißt „No Plot, no Problem“.

Im zweiten Teil erwarten dich noch mehr Tipps für deinen erfolgreichen NaNoWriMo. Hier geht es zum zweiten Teil!